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”A Panther’s Heart” 01
 

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Leise vor sich hinfluchend, blickte Sloan auf den Zettel in seiner Hand und wuchtete seinen Reisesack von der breiten Schulter, als er vor der kleinen Hütte angekommen war. Vor einer Woche hatten seine Eltern einen Brief des Schwarzmagiers erhalten, daß er als Späherkrieger ausgebildet werden sollte, und nun war er hier. Die Begrüßung fiel denkbar kurz und kalt aus – er bekam nur einen Zettel mit der Nummer der Hütte, in der er ab jetzt wohnen sollte, und dazu noch die harsche Anweisung, Morgen nach Sonnenaufgang wieder auf dem Platz zu sein, auf dem die Ausbildung begann. Noch immer leise fluchend, trat der junge Rotblonde ein und musterte das Innere der kleinen Hütte: Es war ein Raum, auf der einen Seite standen zwei Betten und davor zwei Truhen, auf der anderen Seite ein Holzherd, ein Tisch mit zwei Stühlen und ein kleines Hängebord, auf dem sie Geschirr lagern konnten. Alles in allem war es recht passabel – und da er der Erste war, nahm er das Bett am Fenster und warf seinen Reisesack kurzerhand in die Truhe davor, ehe er sich daran machte, den Herd anzuheizen. Er wußte, daß er noch einen Partner aufgebrummt bekommen würde ... denn die Ausbildung verlangte, daß die Späherkrieger immer zu zweit waren, und das von Anfang an. Und gerade das bereitete ihm große Probleme, denn er war nicht nur reizbar, sondern am Liebsten allein.

Nur wenig später trat Atras an die Hütte, blickte auf seinen Zettel und dann auf die Nummer an der Tür. Hier also war sein neues Zuhause, und scheinbar war sein neuer Partner auch schon da. Er betete zu den Göttern, daß der Kerl angenehm war, scheinbar bekam er kein Tier, denn die konnten ja keinen Holzofen anzünden. Kurz tief durchatmend, trat er ein und ihm fiel sein Gepäck aus den Händen, als er sah, mit wem er sich die Hütte teilen sollte. "Verdammt, ausgerechnet du." Er kannte Sloan, seine und dessen Familie waren verkracht und das schon so lange, daß Keiner mehr wusste, wie das angefangen hatte.

Bei dem Klang der nur zu vertrauten Stimme wirbelte der Rotblonde herum und fluchte laut, ehe er die Ofentür zumachte und den Haken wütend zu Boden warf. "Verdammt nochmal ! Was tust DU hier ?! Sag jetzt nur nicht, daß du mein Partner werden sollst !" Doch er ahnte schon, daß es so war – denn der Zettel in der Hand des Schwarzhaarigen war der gleiche wie der, den er selbst bekommen hatte. "Scheiße !"

"Du sagst es !" fauchte Atras zurück, er hob seine Sachen auf und warf sie knurrend auf das freie Bett. Er wollte nur mal wissen, warum dieser bekloppte Magier dachte, daß sie Beide sich vertragen würden. Er hatte eh so seine Meinung über Magier - er konnte sie nicht leiden, sie nutzten ihre Kräfte und verbreiteten Angst, um ihre Macht zu stärken.

Stinksauer, ging Sloan nach draußen und holte noch ein wenig Holz herein, ehe er den Wasserkübel an dem Brunnen vor den Hütten auffüllte und nach innen brachte. Er dachte gerade das Gleiche – und als er die Hüttentüre hinter sich geschlossen hatte, hielt er auch nicht damit zurück, während er die metallene Teekanne mit Wasser füllte und auf die Herdplatte stellte. "Ich frag mich, was der Magier damit bezweckt – sicher, wir sind Beide gute Kämpfer und auch gut im Jagen, aber ich kann dich ebensowenig leiden wie du mich ! Und das soll funktionieren ? Pah. Humbug !"

Atras schnaubte kurz ein "Da sind wir uns ausnahmsweise einig." Das war wirklich eine Ausnahme, ihre Familien konnten sich nicht leiden und sie sich demnach auch nicht, es gab immer wieder Streit und kleinere Kämpfe. Ohne weiter was zu sagen, zog er sich aus, schnappte seine Schüssel und ging hinaus, um sich zu waschen. Die Reise hierher war anstrengend gewesen und er musste sich den Staub der Straße herabwaschen. Der Magier wollte nicht, daß sie zu dreckig wurden und waren.

Ihm folgte nur ein dunkles Grummeln ... doch der Rotblonde konnte nichts dagegen sagen und warf seine rippenlangen Haare nach hinten, band zwei der Seitensträhnen an seinem Hinterkopf zusammen und zog sich ebenfalls aus, goß ein wenig des frisch geholten Wassers in seine eigene Waschschüssel und wusch sich herab. Er beeilte sich, damit er fertig wurde, ehe der Andere wieder hereinkam – sie mußten jetzt zwar zusammen wohnen, aber er wollte verdammt sein, wenn er zu zutraulich mit ihm werden würde.

Draußen fluchte Atras herum, er wusch sich länger als nötig und trocknete sich gründlich ab, bevor er schweigend wieder eintrat und seine neue Kleidung aus seinem Bündel zog. Jetzt mussten sie alle die gleichen Sachen tragen, eine Tatsache, die ihm auch nicht passte. "Verfluchter Magier." grummelte er wieder vor sich hin und stopfte seine alte Kleidung vorerst in einen leeren Stoffsack.

Auch wenn es Sloan nicht paßte – er dachte das Gleiche und knurrte nur zustimmend, als er seine eigenen Sachen herauszog. Für die Nacht bekamen sie kurze Stoffhosen, die sie wie die andere Kleidung an der Wäscherei abgeben mußten – auf ihnen und der restlichen Kleidung war die Hüttennummer aufgestickt, so daß sie ihre Kleidung auch immer zurückerhielten. Leise vor sich hinfluchend, zog der Rotblonde sich das Ding über und zupfte kurz daran, da es ziemlich eng saß – doch als er zu seinem Mitbewohner blickte und dessen schlankere Hüften sah, fluchte er, zog die Hose wieder aus und warf sie in den Wäschekorb, nahm eine andere Nachthose heraus und nickte, da sie ein wenig größer war und ihm besser paßte. "Die größere Kleidung gehört mir – ich bin breiter als du, verstanden ?" Dann nahm er noch die restliche größere Kleidung, warf sie in seine Truhe und sah dann nach dem Teewasser, das inzwischen kochte. Er war zwar müde von der Reise ... doch er würde verdammt sein, wenn er Schwäche vor seinem Rivalen zeigte, und außerdem hatte er Durst.

"Kein Problem, ich hab keine Lust, mit rutschenden Hosen herumzurennen." Er hatte sich das kurze Schauspiel aus dem Augenwinkel angesehen und auch seine Truhe eingeräumt. Er war nicht ganz so stur wie sein neuer Partner und packte sich gleich auf sein Bett. Sie hatten in etwa den selben Reiseweg gehabt und auch er war müde, und vor allem gestresst von dem ganzen Trara, das hier ablief. Und er war lieber ausgeschlafen, statt sich mit Mühe wachzuhalten, bis auch Sloan ins Bett ging.

Jener hatte sich inzwischen seinen Tee gemacht und trank durstig aus dem einfachen Metallbecher – dann stellte er ihn zur Seite, warf noch ein Holzscheit in den Ofen und stellte ihn so, daß nur wenig Luft durchzog und die Glut so bis in die Frühe halten würde. Dann ging er noch einmal raus, um sich in dem kleinen Toilettenhäuschen neben der Hütte zu erleichtern und kam dann wieder in die Hütte zurück, blies die Kerze aus und legte sich ebenfalls hin, um zu schlafen. Bevor er einschlief, huschte jedoch noch ein grummeliger und leicht resignierter Gedanke durch seinen Kopf: Wie würde das nur werden, wenn sie sich jetzt schon fast an die Gurgel gingen.

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Seither waren einige Tage vergangen und Sloan wurde immer frustrierter und deshalb auch reizbarer. Beim Training mußten sie notgedrungen zusammenarbeiten und dort, sowie beim Essen hielten sie sich so gut es ging zurück – doch kaum, daß sie in ihrer Hütte waren, fingen die Streits an und es flogen fast schon die Fetzen. Und dabei half es kaum, daß sie sich aufeinander verlassen mußten ... Jeder fand immer wieder etwas am Anderen, das ihn aufregte, und daß sie ebenso wie viele der anderen Späherkrieger keine Möglichkeit für Sex hatten, besserte es nicht im Geringsten. Mit nur knapp verborgenem Neid blickte der Rotblonde einem anderen Kriegerpaar hinterher, das sich bestens vertrug und kaum wartete, bis die Türe ihrer Hütte zu war, um sich gegenseitig in einem hitzigen Kuß zu verschlingen – er verfluchte das Schicksal und alle Götter, die ihn hören konnten, daß er mit seinem Erzrivalen zusammengeworfen war und so nicht einmal die Möglichkeit hatte, sich einen Kerl anzulachen, da er nicht wollte, daß Atras es erfuhr.

Auch Atras hatte den Beiden hinterhergesehen und sich ähnliches gedacht, wie Sloan. Er hatte ebenso Druck, aber er konnte ihn nicht so ablassen wie er wollte, nämlich an einem Kerl. Auch er wollte sich keine Blöße geben, nicht vor Sloan, da wusch er sich draußen lieber mal etwas ausgiebiger oder blieb länger ... Nein, im Klohaus blieb er nicht länger als nötig. Als er eintrat, stand Sloan am Herd und setzte Teewasser auf. Man sah ihm an, daß er gleich explodierte, und somit war ein Streit vorprogrammiert. "So kann das nicht weitergehen." stellte Atras fest und sagte nichts weiter.

Das war auch nicht nötig – der Rotblonde knallte die Teekanne, die er gerade vom Herd gehoben hatte, wieder auf die Platte, drehte sich zu seinem Hüttengenossen um und knurrte mißmutig, als er ihn wütend ansah. "Endlich mal was, wo wir übereinstimmen ! Ich kann deine verdammte Fresse nicht mehr sehen – ich habe nicht einen Moment, in dem ich deine beschissene Fresse nicht sehe, außer, ich sperre mich auf dem Klohaus ein ! Ich habs satt ! Verzisch dich gefälligst woanders hin, aber laß mir meine Ruhe – komm wieder, wenn ich ausgeschlafen bin !" Mit den Worten packte er Atras am Hemd, öffnete die Türe und stieß ihn nach draußen, knallte die Türe wieder zu und atmete tief durch, um sich soweit zu beruhigen, daß er nicht doch noch eine Schlägerei anfing. Es hatte sich soviel in ihm aufgestaut, daß er sich kaum beherrschen konnte ... und das zeigte sich mittlerweile auch in seiner sinkenden Aufmerksamkeit und führte dazu, daß der Ausbilder ihn Heute mehrfach rügte.

Überrascht blieb Atras einen Moment draußen stehen, dann drehte er sich um und platzte mit einem "Du wirfst mich raus ? Mich ?!" wieder in die kleine Hütte. "Geh doch selber raus, wenn du mich nicht sehen kannst. Keiner hält dich auf, verdammt !" Das brachte das Fass zum Überlaufen. Sloan hatte ihn einfach wie einen jungen Hund vor die Tür gesetzt.

"Natürlich dich ! Verdammter Mistkerl, siehst du hier noch jemand Anderes ?! Ich könnte dich ..." Der Rotblonde war knapp davor, seine Faust im Gesicht des Anderen zu versenken und ballte sie an seiner Seite – doch dann fluchte er und schubste ihn rüde zur Seite, warf noch ein "Weißt du was ? Ausnahmsweise hast du sogar mal Recht, ich bin doch dumm, hier zu bleiben, wo ich überall dein Zeug sehe und dich riechen muß !" über seine Schulter und knallte die Türe ihrer Hütte hinter sich zu. Er brauchte dringend frische Luft – und er mußte seinen Ärger ablassen, so daß er den Weg zum Wald einschlug, um zumindest seine Ruhe zu haben.

"Endlich etwas Ruhe." schnaufte Atras und wollte sich schon auf das Bett fallen lassen. Dann aber entschloss er sich zu etwas anderem, er schnappte sich seinen Umhang und verließ die Hütte. Er wollte zum Magier und dort endlich mal seine Meinung vertreten. Klar, war das dumm, aber er konnte und wollte sich nicht alles gefallen lassen, und der Magier war Schuld an der Situation. Eigentlich war bekannt, daß ihre Familien zerstritten waren, da musste man die Söhne nicht auch noch zusammenstecken. Zügig ging er zur kleinen Festung und verlangte dort nach dem Magier. "Ich will zum Meister, sofort !"

Der gerüstete Wachmann betrachtete den jungen Späherkrieger vor sich so abfällig, wie er auch eine Küchenschabe betrachten würde – und es dauerte noch einen Moment, ehe er leise schnaubte und ihn wieder nach hinten schubste. "Sag mal – was fällt dir Grünschnabel eigentlich ein ? Hast du überhaupt eine Ahnung, wie spät es ist ? Der Meister hat sich schon zur Ruhe begeben, und wegen dir Grünschnabel wird er sich gewiß nicht stören lassen ! Frechheit ..."

"Pha ! Ich hab meine Gründe, und wenn dieser verweichlichte Magier jetzt schon im Bett liegt, dann hat er selber Schuld !" Er hasste Magier, und daß er hier einem dienen musste, machte den Hass nicht weniger. "Ich hab ein Anliegen und das will ich jetzt loswerden !" brüllte er sehr, sehr laut. Der Magier würde schon noch wach werden. "Sofort !" Er kam wieder dicht zu dem Wachmann und brüllte ihn ins Gesicht.

Laut bei dieser Frechheit aufknurrend, schlug der Wachmann ihm hart ins Gesicht und schleuderte ihn zu Boden, ehe er ihm ins Gesicht trat und verächtlich schnaubte. "Du verdammtes Gör – was fällt dir ein, unseren Herrn so zu beschimpfen ?! Warts nur ab, wenn ich mir dir fertig bin, wirst du darum winseln, sterben zu dürfen !" Doch noch ehe er einen weiteren Tritt landen konnte, erklang ein leises Klingeln von der Seite und der Wachmann erstarrte. Die kleine Glocke in dem Wachzimmer läutete – und das bedeutete, daß der Magier ihn und den jungen Schreihals sofort sehen wollte. "Nun ist es passiert ... du Idiot hast ihn aufgeweckt und er wird wütend sein ! Ich schwöre dir, ich werde mich dafür an dir rächen." Ohne weitere Worte trat er ihm noch einmal in den Magen und zerrte ihn am Kragen auf die Beine, ging durch das Tor und weiter in die Burg hinein bis zum Empfangszimmer des Magiers.

Wenigstens hatte Atras jetzt was er wollte, er wurde zu dem Magier vorgelassen. Als er ins Empfangszimmer gezerrt wurde, folgte er natürlich und stöhnte leise, als der Wachmann ihn dort erneut zu Boden warf. Der große Raum war ganz leer, nur zwei Feuerschalen waren als Zierde und dazwischen der Thron mit dem Magier, der sichtlich wütend war. "Na endlich, ich dachte, du bringst mich nie zu ihm." murmelte Atras und grinste frech.

Der ältere Schwarzmagier blickte sichtlich wütend auf den jungen Mann, der vor ihm auf dem Steinboden lag und selbst jetzt noch die Frechheit besaß, aufsässig zu sein. Ein Wink zu dem Wachmann genügte, daß er vor dem Zimmer Stellung bezog – dann schmunzelte der Magier böse, als seine Augen sich verengten und langsam zu glühen begannen. "Du darfst mich einen Moment lang amüsieren, ehe ich dich töte ... weshalb verlangst du ausgerechnet jetzt mich zu sprechen ? Und überlege dir deine Antwort gut, Kleiner – auch wenn ich gerne spiele, auch ich habe nur eine sehr begrenzte Geduld."

Erstmal kam Atras wieder auf die Beine und blickte den Magier grimmig und doch frech an. Er wählte seine Worte wie sie ihm in den Sinn kamen, tot war er so oder so, wenn man den Worten des Magiers glauben konnte. "Daß ihr gern spielt, hab ich gemerkt ... ist wirklich witzig, wenn man zwei Söhne von zerstrittenen Familien in eine Hütte steckt." Das war das Erste, das er loswerden wollte, und es kam ihm leicht über die Lippen. "Wir vertragen uns nicht und sollen ein Team werden ? Pah ! Wir streiten nur, werden gerügt und an Sex ist auch nicht zu denken, und das schürt den Frust noch weiter. Wenn ich euch schon dienen MUSS, dann will ich wenigstens einen Partner, mit dem ich auskomme."

"Glaubst du Schabe eigentlich wirklich, daß ich mich für so etwas Banales wie die Einteilung der neuen Rekruten interessiere ? Dafür habe ich meine Offiziere, sie sind es, die euch auswählen. Und das tun sie nach dem, was ihr könnt, nicht nach dem, was ihr euch einbildet. Du bist streitsüchtig und dumm – und so Jemand hat keinen Nutzen für mich als Späher. Aber ich habe eine Idee, kleine Schabe ... und sie dürfte dir sogar gefallen, denn so hast du sicherlich genug Sex für dein ganzes, kurzes Leben." Laut bei seinem Scherz auflachend, öffnete der Magier seine Hand und begann in einer finsteren Sprache zu wispern, während in seinen Augen und auch seiner Handfläche ein Feuer aufzuglühen begann.

Daß die Offiziere gewählt hatten, wusste Atras nicht und jetzt bereute er es fast, daß er den Magier so sehr beleidigt hatte. Obwohl eher doch nicht, es hatte unheimlich gutgetan, es auszusprechen. Allerdings war das Versprechen auf viel Sex etwas, das ihn stutzig machte. Noch bevor der Schwarzhaarige weiter darüber nachdenken konnte, durchzog ein höllischer Schmerz seinen gesamten Körper. Es war ein Gefühl, als würde man auseinandergerissen und wieder zusammengesetzt. Die Knochen knirschten und knackten und die Bänder zogen und schmerzten, genau wie seine Muskeln. Das Ganze wurde so schmerzhaft, daß er zu Boden ging und sich dort vor Schmerzen krümmte und schrie. Auch wenn Atras vor Schmerz nichts sah, er hörte das Lachen des Magiers und wusste, daß dieser sich an seinem Leid labte. Es dauerte lange, bis der Schmerz etwas nachließ, das Lachen blieb und er fühlte sich seltsam, seine Sinne waren anders, sein Körpergefühl war seltsam und er fauchte kraftlos, als ihn Jemand am Genick packte und wegschleifte. In dem Moment wurde ihm gänzlich schwarz vor Augen und er verlor das Bewusstsein, ohne zu wissen, was mit ihm passiert war.

Hinter ihm in seinem Empfangssaal lachte der Magier noch immer – manchmal überraschte er sich selbst mit seiner Bosheit, doch dies war ein wahres Meisterstück, denn einerseits konnte er diesen störrischen Jungen nun umso mehr demütigen und andererseits hatte er sogar noch einen Nutzen dadurch. Allein schon die Vorstellung an das Erwachen des Streitsüchtigen ließ ihn wieder laut loslachen, doch er konnte leider nicht daran teilnehmen, da er sich von seinen anstrengenden Studien erholen mußte.

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Langsam wurde Atras wieder wach, er fühlte etwas an seinem Hals und Jemand, der ihn daran herumzerrte und über den Boden schleifte. Er versuchte, sich instinktiv dagegen zu wehren und er fühlte den unbändigen Drang, den Magier zu töten, genau wie den Offizier, der ihn jetzt hinter sich herschleifte. Mit diesen Gedanken kam ein Brennen von dem Band an Atras Hals und er wollte knurren, jedoch kam ein Fauchen von seinen Lippen und er stemmte alle vier Beine in den Boden. ‚Vier ?' dachte der Schwarzhaarige spontan und blickte auf seine Pfoten. ‚Bei den Göttern! Ich hab Pfoten !' Was zur Hölle ging hier vor ? Was hatte der Magier ihm angetan ?

Der Offizier fluchte laut, als das große Tier sich einstemmte und packte das metallbeschlagene Halsband fester, ehe er mit seiner Gerte über das Gesicht und die Schnauze des schwarzgefellten Jaguars schlug. "Verfluchtes Mistvieh ! Du bist zwar groß und damit gut für die Zucht, aber ich werde dir die Störrigkeit schon noch austreiben !" Er hatte das Tier zusammen mit einigen Anweisungen bekommen und stand nun vor den Zwingern mit den Jaguarweibchen, die ausschließlich für die Zucht genommen wurden, da sie zu klein waren um die Späher zu begleiten.

Einen Moment gab der Widerstand nach, dann aber hatte Atras zwei und zwei zusammengezählt und wusste ganz genau, was passiert war und das in erschreckender Klarheit. Der Magier hatte ihn in einen Jaguar verwandelt, und noch dazu in ein Weibchen. Die Männchen waren frei bei den Spähern, nur weibliche Tiere kamen in den Zwinger für die Zucht. Jetzt kämpfte Atras noch heftiger gegen den Zug des Offiziers an und zerrte ihn rückwärts von den Käfigen weg, er war stärker als der Mensch.

Der fluchte nur noch lauter auf und schlug wieder auf die Raubkatze ein, ehe seine Hand plötzlich aufgehalten wurde. "Was zum ...?!" Doch noch ehe der Offizier aufbrausen konnte, ließ Sloan dessen Hand wieder los und stellte sich zwischen ihn und das wütende Tier, als er zu ihm sprach und so versuchte, ihn abzulenken. "Ich sollte mich bei ihnen melden, Sir – ist was passiert ? Es ist schon Nacht, brauchen sie mich ?" Der Offizier fluchte nur und ließ einen Moment lang das Halsband los, giftete ein "Hinsetzen !" zu der Raubkatze und nickte, als sie durch die Magie des Halsbandes dazu gezwungen wurde, zu gehorchen. "Ja – der Herr hat deinen Partner auf eine Mission geschickt und deshalb wirst du einen neuen Partner bekommen. Und zwar eine Raubkatze, ich will keine weiteren Streiteren."

Dieses Sitzen passte Atras überhaupt nicht, aber er konnte auch nicht aufstehen. Aber ehe er sich weiter wundern konnte, daß er etwas getan hatte, was er nicht wollte, sah die Katze, daß Sloan sich zwischen ihn und den Offizier gestellt hatte und jetzt ziemlich überrascht war. Er stand direkt vor ihm und Atras musste wohl oder übel in den sauren Apfel beißen und etwas tun, was er nicht tun wollte - aber etwas, das ihm lieber war als in der Zucht zu enden. Atras reckte sich im Sitzen so gut es ging und leckte an der Hand von Sloan, um ihn auf sich aufmerksam zu machen. Dazu setzte er einen Katzenwelpenblick auf, dem Keiner widerstehen konnte.

Noch ehe der Rotblonde etwas sagen konnte, fühlte er das zögerliche Lecken und blickte überrascht nach unten. Im ersten Moment wußte Sloan nicht, was er davon halten sollte und zog kurz die Brauen zusammen – dann blickte er wieder zu dem Offizier und seufzte leise. "Das kommt unerwartet, Sir. Aber egal, dann ist Atras eben weg ... für mich ist es dann leichter. Kann ich das Tier hier haben ? Scheint zwar nen Weibchen zu sein, aber sie ist groß und sie scheint mich zu mögen." Der Offizier war zuerst zu verdutzt, um zu antworten – doch dann schnaubte er und spuckte zur Seite aus, ehe er auf das störrische Tier blickte. "Sie gehört dir ... aber wehe, du kriegst sie nicht dazu, dir zu gehorchen ! Dann ist sie schneller in den Zwingern, als sie fauchen kann !" Dann drehte sich der Offizier um und fluchte, denn nun mußte er seine Gerte wieder waschen. Zurück blieb Sloan, der einen Moment brauchte, um sich zu fangen – doch dann seufzte er leise, drehte sich um und hockte sich neben die noch immer sitzende Raubkatze. "Verdammt, er hat dich ganz schön geschlagen, Hm ? Komm, wir gehen erst einmal in meine Hütte, da kann ich dir die Kratzer auswaschen. Möchtest du ?" Ein sehr ungewohntes Lächeln stahl sich auf die sonst so harten Züge Sloans, als er der pechschwarzen und ungewohnt großen Jaguardame über den Hals strich und sie leicht kraulte.

So hatte Atras den Rotblonden noch nie gesehen, er lächelte sanft und wirkte viel ruhiger. ‚Wenn der wüsste.' dachte sich Atras, der jetzt ja weiblich war und stand auf, weil der Sitzzwang endlich nachließ. Eine Geste, die sagte, was Atras wollte, er wollte gehen und wankte nun doch ein wenig, das Laufen auf vier Beinen war irgendwie seltsam und musste koordiniert werden.

Auch Sloan stand auf und beobachtete ein wenig verwundert, wie die große Katze ein wenig stolperte. Doch er dachte, es würde von den Schlägen kommen und neigte sich ein wenig herab, um die Hand auf den starken Nacken zu legen, der in seiner Hüfthöhe lag. "Nur langsam, ja ? Wir haben Zeit. Ich weiß, daß dir die Schnauze wehtut, der Arsch hat viel zu fest zugeschlagen ... wir sind bald da, es ist nicht mehr weit." Er hoffte, daß es half – anders als viele der Späher, die eine Raubkatze als Partner hatten, wollte er nicht mit Gewalt arbeiten oder einem schmerzhaft festen Griff an dem so oder so schon ein wenig engen Halsband.

Es half, zum Einen wegen der sanften Stütze und zum Anderen, weil es Atras vom Nachdenken ablenkte. Er hatte sich so sehr auf die Pfoten konzentriert, daß er das Ganze noch schlimmer gemacht hatte und der Schritt wurde langsam besser, weil es instinktiv kam. Daß Sloan so sanft war, erstaunte die Katze ziemlich, es war eine verborgene Eigenschaft, die wohl kaum einer kannte. Mal sehen, was noch so passierte.

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